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Digital Twin Day auf dem Innovation Campus Lemgo: Der digitale Zwilling lebt!
Inspirierende Vorträge hochkarätiger Expert:innen, praxisnahe Workshops und interaktive Austauschformate rund um das Zukunftsthema Digitale Zwillinge lockten am 07. Oktober 2025 rund 120 interne und externe Expert:innen auf den Innovation Campus Lemgo zu dem gemeinsam von der Technischen Hochschule OWL und dem Fraunhofer IOSB-INA veranstalteten „Digital Twin Day“.
Was ist ein digitaler Zwilling überhaupt? Und wofür wird er eingesetzt? Ein Digital Twin (deutsch: Digitaler Zwilling) ist eine virtuelle Repräsentation eines Objekts oder Prozesses, der eingesetzt wird, wenn Unternehmen Produkte oder Systeme über den gesamten Lebenszyklus hinweg planen, simulieren, analysieren und optimieren möchten. Prof. Dr. Benedikt Latos, Professor für Produktionswirtschaft im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der TH OWL und Mit-Moderator der Veranstaltung beschrieb, dass ein Digital Twin, kontinuierlich angereichert mit Informationen, eine Einschätzung von Merkmalen wie technische Spezifikation und Nachhaltigkeit, bis hin zum Zustand und Verhalten in Echtzeit ermöglicht. Durch die intelligente Verknüpfung von Digitalem Master (enthält u.a. 3D-Modelle des Objekts aus der Entwicklung, Konstruktion) und Digitalem Schatten (enthält Betriebs-, Zustands-, Prozessdaten aus dem realen Betrieb) entsteht der tatsächliche Mehrwert des Digitalen Zwillings.
Ein besonderes Highlight erwartete das Fachpublikum direkt im Anschluss mit der Keynote von Dr. Felix Reinhart, Leiter des Teams für Maschinelles Lernen & Künstliche Intelligenz im Bereich Smart Home bei Miele. Angetrieben von der Begeisterung, Maschinen das Lernen beizubringen, veranschaulichte er anhand praxisnaher Entwicklungen, dass der Digitale Zwilling ein lebendes System ist, dass sich mit der Zeit verändert. „Der digitale Zwilling lebt!“ so Felix Reinhart. Sein Ziel im Bereich Smart Home: „Wir möchten die erlebbare Qualität der Produkte verbessern und durch die Vernetzungsfähigkeit als Rückgrat der digitalen Zwillinge neue Funktionen digital ausspielen.“ Im Anschluss tauchten die Besucherinnen und Besucher in einer von vier Themen-Sessions in die vielfältigen Anwendungsfelder Digitaler Zwillinge ein – in Fachvorträgen, Reallaboren oder direkt auf dem Testfeld.
In der von Florian Pethig (Abteilungsleiter Maschinelle Intelligenz am Fraunhofer IOSB-INA) in der SmartFactoryOWL organisierten Session konnten konkrete Anwendungen von „Digitalen Zwillingen in der Produktion“ aufgezeigt und demonstriert werden. Digitale Zwillinge von Maschinen, Anlagen und ganzen Fabriken ermöglichen Optimierungen, bspw. durch Materialflusssimulation und virtuelle Inbetriebnahme, erhöhen die Nachhaltigkeit durch die Vermeidung von Papierdokumentation (Stichwort: Digitaler Produktpass) und helfen dabei, Cyberangriffe rechtzeitig zu erkennen. „Hauptherausforderung für die Entwicklung von Digitalen Zwillingen bleibt die Datenintegration. Aber genau jetzt ist die Zeit, um interoperable Digitale Zwillinge zu implementieren! Die erforderlichen internationalen Standards sind verfügbar und wir unterstützen Sie gerne!“ sagt Florian Pethig. Diesen Appell unterstützen auch die weiteren Organisationen und Unternehmen, die zur praxisnahen Session beigetragen haben: Industrial Digital Twin Association e.V., Centrum Industrial IT e.V., Digital Twin Factory, Miele, Hadi-Plast und das inIT der TH OWL.
Zeitgleich fand der Deep Dive „Digitale Zwillinge in der Lebensmittelproduktion“ in der Future Food Factory und dem Centrum Industrial IT geleitet von Nele Jantz, Leiterin der Geschäftsstelle der Future Food Factory OWL, statt. Inhaltlich wurde gezeigt, wie der Digitale Zwilling dazu beitragen kann, Produktionsprozesse entlang der Wertschöpfungskette vom Acker bis auf den Teller nachhaltiger und transparenter zu gestalten und damit zu einer Ernährungssicherung auch für zukünftige Generationen beizutragen. Die Teilnehmenden hatten außerdem in Live-Demonstrationen die Gelegenheit, mit Hilfe von VR-Brillen in ein industrielles Metaverse einzutauchen und den Digitalen Produktpass als Geschäftsmodell in der Systemgastronomie anhand eines Kaffeeroboters kennen zu lernen.
Die Session „Digitale Zwillinge im Transportwesen” fand in der Montagehalle des MONOCAB in Dörentrup statt. Bereits die gemeinsame Anreise mit einem der neuen E-Busse des KVG-Partners im Forschungsvorhaben sorgte für einen passenden Auftakt. Geleitet wurde die Runde von Thorsten Försterling, dem Ideengeber des MONOCAB-Systems und Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing. Im Mittelpunkt standen das MONOCAB-System und das 30 Meter lange Testgleis in der Halle. Dort konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen direkten Eindruck davon gewinnen, wie digitale Zwillinge im MONOCAB-System eingesetzt werden können. Martin Griese, M. Sc., Transfermanager im Projekt TRiNNOVATION, erklärte die Nutzungsmöglichkeiten in der Entwicklung anschaulich und stellte die Verbindung zwischen digitalem Modell und realem Betrieb dar. Phillip Matschoß von der F7 Digital GmbH zeigte, wie ein digitales Aufmaß der Testfelder im Extertal erstellt wurde und wie diese Daten für die Planung und Umsetzung der Streckenertüchtigung genutzt werden. Kim Marc Salscheider vom KreativInstitut.OWL ergänzte, wie sich technische Daten und Design mithilfe von Virtual Reality verbinden lassen. Zum Abschluss konnten die Verbindung von Theorie in der Praxis erlebt werden. Bei einer Fahrt im Versuchsfahrzeug Thusnelda wurde das Zusammenspiel von digitalem Zwilling und realem System greifbar. Neue Ideen und neue Kontakte waren das Ergebnis des Ausflugs und die Teilnehmerinnen waren begeistert. „Der Digitale Zwilling macht das MONOCAB-System nicht nur plan- und steuerbar, sondern auch erlebbar – das konnten wir heute eindrucksvoll erleben.“ so Thorsten Försterling.
Im Workshop „Digitale Zwillinge im Energiesektor“ wurden unter der Leitung von Prof. Michael Blauth und Prof. Georg Klepp aktuelle Fragestellungen aus Praxis und Forschung intensiv diskutiert. Im Fokus standen Anwendungen aus den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieprognosen, Lebensdaueranalysen von Verbindungstechnik, die vorausschauende Instandhaltung von Pumpensystemen, intelligentes Verkehrsmanagement, Umweltmonitoring sowie Energiemanagement. Zentrale Themen waren die Sicherstellung der Datenqualität, die Förderung von Standardisierung und Interoperabilität sowie die Entwicklung konkreter Business Cases für den digitalen Zwilling. Der interdisziplinäre Austausch lieferte wertvolle Impulse für zukünftige Forschungs- und Innovationsprojekte.
In der abschließenden Zusammenfassung der Ergebnisse lud Benedikt Latos, der derzeit eine Fokusprofessur zu datenbasierten Wertschöpfungsmodellen im Rahmen von PROFuture@TH-OWL (gefördert vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt) und gleichzeitig eine Gruppenleiter-Position am Fraunhofer-Institut in Lemgo bekleidet, dazu ein, die Vernetzung zwischen Industrie und Forschung zu stärken, um gemeinsam die digitale Zukunft zu gestalten. „Zielsetzungen der heutigen Veranstaltung war, Impulse aus Forschung und Praxis zu aktuellen Entwicklungen im Bereich Digital Twin zusammenzubringen, die Diskussion und Erhebung von Bedarfen aus der Praxis sowie der interdisziplinäre Austausch über verschiedene Branchen hinweg: vom Transportwesen, über die Produktion, die Lebensmittelbranche bis zu Digitalen Zwillingen im Energiesektor“ so Benedikt Latos. Damit unterstrich er die einleitenden Worte von Prof. Dr. Stefan Witte, Vizepräsident für Forschung und Transfer der TH OWL: „Digitale Zukunft entsteht nur dort, wo Austausch entsteht, wo Ideen gesponnen werden, wo Innovation gelebt wird.“ Die Veranstaltung wurde unterstützt vom Projekt TRiNNOVATION OWL, gefördert durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt im Rahmen der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“.